Soll die Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete angepasst werden oder will man überprüfen, ob die Miete gegen die Mietpreisbremse verstößt, so ist der Mietspiegel der jeweiligen Stadt der erste Anlaufpunkt. Dieser Beitrag erklärt den Unterschied von einfachen und qualifizierten Mietspiegeln und wie sich dies, insbesondere vor Gericht, auswirkt.
Wozu dient ein Mietspiegel?
Ein Mietspiegel dient Mietern und vor allem Vermietern als Referenz für die ortsübliche Vergleichsmiete. Im Rahmen von Mieterhöhungen, wie bspw. einer Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete, ist der Mietspiegel eine recht einfache Möglichkeit, die ortsübliche Vergleichsmiete herauszufinden. Aber auch bei Beginn des Mietverhältnisses spielt der Mietspiegel für die Berechnung der maximal zulässigen Miete eine wichtige Rolle (Mietpreisbremse).
Seit 2023 müssen Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern gemäß § 558c Abs. 4 BGB einen Mietspiegel erstellen. Dieser ist für die jeweilige Stadt einfach im Internet abrufbar.
Hier finden Sie beispielhaft den Mietspiegel der Stadt Stuttgart für das Jahr 2023/2024: Mietspiegel 2023/2024 (stuttgart.de).
Hat man den anwendbaren Mietspiegel gefunden, so muss man seine Wohnung nur nach Größe, Baujahr, Ausstattung, usw. kategorisieren und findet in den Tabellen des Mietspiegels die jeweils maßgebliche ortsübliche Vergleichsmiete als Quadratmeterpreis.
Einfacher Mietspiegel
Ein einfacher Mietspiegel wird auf Grundlage allgemeiner Mietdaten erstellt. Die Gemeinden müssen hierbei nicht auf besondere wissenschaftliche Standards und Berechnungsmethoden zurückgreifen. Die Datenbasis für die Berechnung der Vergleichsmiete kann aus Umfragen, Erfahrungswerten oder der Gemeinde bereits bekannten Mietverhältnissen stammen. Es gibt für einfache Mietspiegel also keine strengen Vorgaben, wie die Daten genau zu erheben sind.
In der Regel werden dann Preisspannen für jeweils vergleichbaren Wohnungen angegeben, die auf allgemeinen Kriterien wie der Lage, der Größe, dem Baujahr und dem Zustand der Wohnung basieren. Ein einfacher Mietspiegel dient also nur Orientierungshilfe und ist weniger rechtsverbindlich als ein qualifizierter Mietspiegel. Vor Gericht hat er nur die Wirkung eines allgemeinen Beweismittels. Die Gerichte können den einfachen Mietspiegel also im Streitfall unterschiedlich bewerten.
Qualifizierter Mietspiegel
Qualifizierte Mietspiegel hingegen werden nach klar definierten wissenschaftlichen Standards erstellt und müssen repräsentativ sein. Die Erstellung ist in der Mietspiegelverordnung geregelt. Neben Gemeinden wirken an der Erstellung auch Interessenvertreter von Vermietern und Mietern mit. Die Daten müssen systematisch erhoben werden und es muss sich um eine Primärdatenerhebung handeln. Die Gemeinde muss die Befragung von Mietern und Vermietern also selbst durchführen und kann nicht auf bereits öffentliche Daten (z. B. aus Immobilienportalen) zurückgreifen. Auch muss genau dokumentiert werden, wie die jeweiligen Daten erhoben wurden.
Darüber hinaus müssen die Daten regelmäßig aktualisiert werden. Eine Überarbeitung/Anpassung erfolgt alle 2 Jahre und alle 4 Jahre müssen die Gemeinden den Mietspiegel sogar von Grund auf neu erstellen.
Die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete muss dann nach wissenschaftlichen, statistischen Verfahren erfolgen.
Im Gegensatz zum einfachen Mietspiegel wird bei einem qualifizierten Mietspiegel juristisch vermutet, dass er korrekt ist. Er hat vor Gericht also eine höhere Beweiskraft. Das Gericht ist in seiner Würdigung grundsätzlich an den qualifizierten Mietspiegel gebunden.
Beweiskraft vor Gericht
In mietrechtlichen Auseinandersetzungen, insbesondere bei Mieterhöhungen, spielen Mietspiegel eine zentrale Rolle. Der qualifizierte Mietspiegel genießt vor Gericht eine stärkere Beweiskraft, da seine Erstellung strengen wissenschaftlichen Kriterien folgt. Bei Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels kann die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht ohne weiteres angezweifelt werden. Das bedeutet, dass sowohl Vermieter als auch Mieter diesen Mietspiegel verlässlich als Beweis bei der Geltendmachung von Ansprüchen vor Gericht verwenden können.
Ein einfacher Mietspiegel hingegen ist ein deutlich schwächeres Beweismittel. Er kann zwar als Beweismittel vor Gericht verwendet werden, doch das Gericht ist nicht verpflichtet, die darin enthaltenen Daten als verbindlich anzusehen. In diesem Fall muss möglicherweise eine zusätzliche Beweisführung erfolgen, beispielsweise durch den Vergleich von mindestens drei vergleichbaren Wohnungen oder einem Sachverständigengutachten. Dies bedeutet aber auch, dass es für Vermieter hier leichter ist, eine höhere Vergleichsmiete als im Mietspiegel dargestellt zu begründen.
Zusammenfassung
Der Unterschied zwischen einfachem und qualifiziertem Mietspiegel liegt vor allem in der wissenschaftlichen Grundlage der Erstellung und der damit einhergehenden rechtlichen Verbindlichkeit. Während der einfache Mietspiegel als Orientierung dient und vor Gericht frei gewürdigt wird, hat der qualifizierte Mietspiegel eine höhere Beweiskraft und gilt als rechtlich fundierter. Ist ein qualifizierter Mietspiegel in der Stadt, in der die jeweilige Wohnung gelegen ist, verfügbar, so sollten Vermieter für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete grundsätzlich nur auf diesen zugreifen.
