Das Vorkaufsrecht des Mieters

Inhaltsverzeichnis

Wird eine vermietete Wohnung verkauft, stellt sich für viele Vermieter die Frage, welche Rechte der Mieter in diesem Zusammenhang hat. Besonders wichtig ist dabei das sogenannte Vorkaufsrecht. Dieses kann dem Mieter unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit geben, die Wohnung selbst zu kaufen. Das hat natürlich nicht unerheblichen Auswirkungen auf den Verkaufsprozess.  

In diesem Beitrag erklären wir, wann das gesetzliche Vorkaufsrecht gemäß § 577 BGB greift, wie es ausgeübt wird und welche Fälle davon ausgenommen sind. Ziel ist es, Vermietern eine rechtliche Orientierung im Verkaufsfall zu bieten. 

Was ist ein Vorkaufsrecht? 

Das Vorkaufsrecht ist ein gesetzlich verankertes Recht des Mieters gemäß § 577 BGB. Es besteht dann, wenn der Eigentümer die von einem Mieter bewohnte Wohnung verkaufen möchte und bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllt sind. In diesem Fall erhält der Mieter die Möglichkeit, anstelle eines Dritten als Käufer in den Kaufvertrag einzutreten und zwar zu exakt den gleichen Bedingungen, die zwischen Verkäufer und Käufer vereinbart wurden. Der ursprüngliche Käufer geht in diesem Fall leer aus, der Mieter übernimmt dessen Position im Kaufvertrag. 

Ziel des Vorkaufsrechts ist es, den Mieter bei der Umwandlung von Mietwohnungen bzw. Mehrfamilienhäußern in Eigentumswohnungen (Sondereigentum) vor dem Verlust seiner Wohnung oder unerwarteten Eigentümerwechseln zu schützen. Es verschafft dem Mieter keinen Rabatt, kein Verhandlungsrecht und keinen Vorrang bei der Auswahl der Konditionen, sondern lediglich die Option, das Kaufangebot zu den bereits verhandelten Konditionen zu übernehmen. 

Entscheidend sind dabei der Zeitpunkt und die rechtliche Ausgangslage.:  
Das gesetzliche Vorkaufsrecht greift ausschließlich bei der erstmaligen Veräußerung einer Wohnung, die während eines bestehenden Mietverhältnisses in Wohnungseigentum umgewandelt wurde. Gemeint ist damit der erste Verkauf, nachdem aus einer ursprünglich zur Miete überlassenen Wohnung durch eine Teilungserklärung (§ 8 WEG) eine eigenständige Eigentumseinheit (Aufteilung von Wohnraum in Sondereigentum) entstanden ist. Das Mietverhältnis muss zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden haben. 

Nur dieser erste Verkauf nach der Umwandlung begründet das gesetzliche Vorkaufsrecht. Jeder spätere Verkauf, etwa durch einen späteren Erwerber, löst das Vorkaufsrecht nicht erneut aus, auch wenn das Mietverhältnis weiter besteht. Es handelt sich also um ein einmaliges Recht, das sich auf den Übergang vom Mietobjekt zur marktfähigen Eigentumseinheit bezieht. 

Rechtlich ist das Vorkaufsrecht ein sogenanntes schuldrechtliches Vorkaufsrecht. Es verpflichtet den Vermieter, dem Mieter den notariell geschlossenen Kaufvertrag mit dem Dritten unverzüglich und vollständig mitzuteilen (§ 469 BGB). Der Mieter kann dann binnen zwei Monaten entscheiden, ob er in den Vertrag eintritt. Ein Verzicht auf dieses Recht – etwa im Mietvertrag – ist unwirksam (§ 577 Abs. 5 BGB). 

Eintritt und Ausübung des Vorkaufsrechts setzen voraus, dass der zugrundeliegende Kaufvertrag notariell beurkundet wurde, wie bei jedem Immobiliengeschäft zwingend vorgeschrieben (§ 311b Abs. 1 BGB). Nur ein wirksamer Kaufvertrag kann das Vorkaufsrecht auslösen. 

Wann entsteht das Vorkaufsrecht?

Das gesetzliche Vorkaufsrecht des Mieters entsteht nur unter bestimmten Voraussetzungen, die im Einzelnen wie folgt zu erfüllen sind: 

  • Die vermieteten Räume werden während eines bestehenden Mietverhältnisses in Wohnungseigentum umgewandelt. 
  • Es handelt sich um den erstmaligen Verkauf dieser Eigentumswohnung an einen Dritten. 
  • Die Wohnung ist als selbstständige Einheit klar individualisierbar, etwa durch eine Teilungserklärung gemäß § 8 WEG und die Eintragung im Grundbuch. 

Auch wenn die Eintragung im Grundbuch noch nicht abgeschlossen ist, kann das Vorkaufsrecht bestehen, sofern bereits ein rechtlich wirksamer und notariell beurkundeter Kaufvertrag (§ 311b BGB) vorliegt und sich der Vertrag auf eine hinreichend bestimmte, einzeln veräußerbare Einheit bezieht. In diesen Fällen reicht es aus, dass die Wohnung als Gegenstand des Verkaufs im Vertrag eindeutig erkennbar und rechtlich abtrennbar ist. 

Ein Vorkaufsrecht besteht nicht, wenn einer der folgenden Ausschlusstatbestände vorliegen: 

  • Die Wohnung wurde bereits vor Beginn des Mietverhältnisses in Eigentum umgewandelt. 
  • Es wird ein ganzes Mehrfamilienhaus verkauft, das nicht zuvor in Eigentumseinheiten aufgeteilt wurde. 
  • Es handelt sich um ein Einfamilienhaus, für das kein dingliches Vorkaufsrecht im Grundbuch eingetragen ist. 
  • Die Räume sind nicht zu Wohnzwecken vermietet (z. B. bei Gewerbeeinheiten). 
  • Die Veräußerung erfolgt im Wege einer Schenkung, eines Erbteilskaufs, eines Tausches, durch einen Insolvenzverwalter oder im Rahmen einer Zwangsversteigerung (§§ 470, 471 BGB). 
  • Wenn das Vorkaufsrecht vom Mieter bereits einmal ausgeübt oder ausdrücklich abgelehnt wurde, entsteht es bei einem späteren Weiterverkauf nicht erneut. 

Zusätzlich zum gesetzlichen Vorkaufsrecht nach § 577 BGB kann ein dingliches Vorkaufsrecht bestehen, das im Grundbuch eingetragen ist (§§ 1094 ff. BGB). Ein solches Recht ist unabhängig von einer Umwandlung und gilt auch für andere Immobilienarten, etwa Einfamilienhäuser. Es bleibt selbst dann bestehen, wenn ein Eigentümerwechsel erfolgt oder die Immobilie zu einem späteren Zeitpunkt erneut veräußert wird. 

Wie übt der Mieter das Vorkaufsrecht aus? 

Mitteilungspflicht des Vermieters über den Vorkaufsfall 

Sobald ein wirksamer, notariell beurkundeter Kaufvertrag über die vermietete Wohnung mit einem Dritten abgeschlossen wurde (§ 311b BGB), ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter diesen Vertragsabschluss unverzüglich und vollständig mitzuteilen. Diese Pflicht ergibt sich aus § 469 Abs. 1 BGB und dient dazu, dem Mieter die rechtzeitige und informierte Ausübung seines Vorkaufsrechts zu ermöglichen. 

Die Mitteilung muss folgende Inhalte umfassen: 

  • eine vollständige Kopie der Vertragsurkunde (nicht nur Auszüge oder Zusammenfassungen), 
  • den Hinweis auf das bestehende Vorkaufsrecht nach § 577 BGB
  • sowie einen klaren Hinweis auf die gesetzliche Frist, innerhalb derer das Vorkaufsrecht ausgeübt werden kann (2 Monate). 

Diese Informationen müssen dem Mieter in geeigneter Weise zugehen, wobei bei mehreren Mietern jeder Mieter separat zu informieren ist. 

Wird diese Mitteilung nicht oder nur unvollständig erbracht, hat dies erhebliche rechtliche Konsequenzen. Die gesetzliche Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts beginnt dann nicht zu laufen.  

Darüber hinaus kann der Mieter unter Umständen Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter geltend machen – insbesondere dann, wenn er bei ordnungsgemäßer Mitteilung von seinem Recht Gebrauch gemacht hätte. 

Frist und Form der Ausübung 

Gemäß § 469 Abs. 2 BGB hat der Mieter zwei Monate Zeit, um das Vorkaufsrecht auszuüben. Die Frist beginnt mit dem Zugang der vollständigen Mitteilung über den Kaufvertrag und das Vorkaufsrecht. Wird nachträglich ein geänderter Kaufvertrag – etwa mit abweichendem Kaufpreis – vorgelegt, beginnt die Frist erneut zu laufen. 

Die Ausübung des Vorkaufsrechts muss gemäß § 577 Abs. 3 BGB in Schriftform gem. § 126 BGB erfolgen. Es handelt sich dabei um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die gegenüber dem Vermieter abzugeben ist. Wurde ein Notar entsprechend bevollmächtigt, kann auch ihm gegenüber die Erklärung wirksam abgegeben werden. Die Erklärung darf nicht an Bedingungen geknüpft sein (= sie ist bedingungsfeindlich), etwa eine Finanzierung oder zusätzliche Verhandlungen, dies würde zur Unwirksamkeit der Ausübung führen.

Rechtsfolgen der Ausübung

Mit der wirksamen Ausübung des Vorkaufsrechts kommt zwischen dem Vermieter und dem Mieter ein eigenständiger Kaufvertrag zustande, § 464 Abs. 2 BGB. Dieser Vertrag übernimmt alle Bedingungen des ursprünglichen Kaufvertrags, wie sie zwischen dem Verkäufer und dem Dritten vereinbart wurden. Eine nachträgliche Anpassung oder Neuverhandlung ist gesetzlich ausgeschlossen. 

Der Mieter tritt also vollständig in die rechtliche Position des ursprünglichen Käufers ein. Allerdings steht es dem Verkäufer frei, dem Mieter freiwillig günstigere Bedingungen einzuräumen, etwa durch Preisnachlass oder verlängerte Zahlungsfristen. Solche Zugeständnisse sind nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber zulässig. 

Ist im ursprünglichen Kaufvertrag ein Gesamtpreis für mehrere Einheiten vereinbart, etwa im Rahmen eines Paketverkaufs mehrerer Wohnungen, so hat auch der Mieter Anspruch auf den anteiligen Vorteil, § 467 BGB. Es darf ihm also kein Nachteil dadurch entstehen, dass er nur eine der Einheiten erwirbt. 

Kosten des Mieters beim Vorkaufsrecht 

Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts übernimmt der Mieter grundsätzlich auch die mit dem Immobilienkauf verbundenen Nebenkosten. Dazu gehören insbesondere die Grunderwerbsteuer, die Notar- und Grundbuchkosten sowie etwaige sonstige Erwerbsnebenkosten. Diese entsprechen den üblichen Verpflichtungen, die auch der ursprüngliche Käufer übernommen hätte. 

Maklerkosten muss der Mieter nur dann tragen, wenn sie im ursprünglichen Kaufvertrag wirksam vereinbart wurden und keine Umgehung des Vorkaufsrechts vorliegt. Die Maklerklausel darf also nicht eigens eingefügt worden sein, um den Mieter von der Ausübung seines Rechts abzuschrecken. Wurde etwa eine unüblich hohe Maklerprovision vereinbart, kann der Mieter nicht verpflichtet sein, diese zu übernehmen, auch nicht anteilig. 

Zur Absicherung des Anspruchs auf Eigentumserwerb hat der Mieter zudem die Möglichkeit, eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eintragen zu lassen. Diese kann im Wege einer einstweiligen Verfügung gesichert werden, sofern der Dritte noch nicht als Eigentümer eingetragen wurde. Auf diese Weise wird verhindert, dass das Eigentum an einen anderen Erwerber übertragen wird, obwohl der Mieter wirksam von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht hat. 

Wann kann das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden? 

Das gesetzliche Vorkaufsrecht gemäß § 577 BGB ist in seiner Anwendung auf den erstmaligen Verkauf der Wohnung nach der Umwandlung in Eigentum beschränkt.  

Wird die Immobilie zu einem späteren Zeitpunkt erneut verkauft, etwa nach einem Eigentümerwechsel, entsteht kein weiteres Vorkaufsrecht. Der Schutzmechanismus gilt somit nur einmalig und ausschließlich im unmittelbaren Anschluss an die Umwandlung. 

Verzichtsvereinbarung im Mietvertrag 

Ein häufig diskutierter Punkt ist die Möglichkeit eines Verzichts. Hier ist die Rechtslage eindeutig: Ein im Mietvertrag enthaltener Verzicht auf das Vorkaufsrecht ist unwirksam, ebenso wie eine spätere vertragliche Vereinbarung, in der ein solcher Verzicht erklärt wird. § 577 Abs. 5 BGB schließt jede nachteilige Abweichung zu Lasten des Mieters ausdrücklich aus. 

Weitere Ausschlussgründe 

Darüber hinaus gibt es eine Reihe gesetzlich normierter Ausschlussgründe, die das Entstehen oder die Ausübung des Vorkaufsrechts verhindern. Dies ist etwa der Fall, wenn der Verkauf an einen Familienangehörigen oder Haushaltsangehörigen des Eigentümers erfolgt. In solchen Fällen besteht von vornherein kein Anspruch auf Beteiligung am Verkaufsprozess.  

Gleiches gilt beim Verkauf im Rahmen einer Erbschaft, es sei denn, die Erben entscheiden sich nachträglich zur Umwandlung und zum Verkauf der Einheit. Auch in diesem Fall würde dann das Vorkaufsrecht ausnahmsweise neu entstehen. 

Ebenfalls ausgeschlossen ist das Vorkaufsrecht bei dem Verkauf eines Mehrfamilienhauses als Gesamtheit, sofern keine vorherige Teilung in selbstständige Eigentumseinheiten erfolgt ist. Der Mieter erlangt in solchen Fällen keine Berechtigung zum Eintritt in den Kaufvertrag. 

Ähnlich verhält es sich bei gewerblich genutzten Räumen, denn das gesetzliche Vorkaufsrecht erfasst ausschließlich Wohnraum. Schließlich sind auch Einfamilienhäuser grundsätzlich vom Anwendungsbereich des § 577 BGB ausgenommen, es sei denn, es liegt ein dingliches Vorkaufsrecht vor, das ausdrücklich im Grundbuch eingetragen ist (§§ 1094 ff. BGB). 

Öffentlich-rechtliches Vorkaufsrecht

Neben dem mieterschützenden Vorkaufsrecht kann auch ein öffentlich-rechtliches Vorkaufsrecht bestehen. Dieses ergibt sich aus den §§ 24 bis 28 BauGB und steht in der Regel der Gemeinde zu.  

Die Prüfung, ob ein solches Recht besteht, erfolgt im Rahmen des Verkaufsprozesses durch eine sogenannte Vorkaufsrechtsanfrage, die in der Regel durch den beurkundenden Notar an die zuständige Behörde übermittelt wird.  

Die Gemeinde hat daraufhin einen Monat Zeit, um zu erklären, ob sie ihr Vorkaufsrecht ausüben möchte. Wird kein Interesse angemeldet, erteilt sie ein sogenanntes Negativzeugnis. Dieses ist Voraussetzung für die Eintragung des Käufers im Grundbuch. 

Verstoß gegen die Mitteilungspflicht des Vorkaufsrechts 

Kommt der Vermieter seiner Mitteilungspflicht nicht oder nicht ordnungsgemäß nach, etwa durch verspätete oder unvollständige Informationen, kann der Mieter Schadensersatz geltend machen. Dieser Anspruch kann sich insbesondere auf den entgangenen Erwerbsvorteil, etwa bei zwischenzeitlich gestiegenem Marktwert der Immobilie, beziehen.  

Darüber hinaus können Mieter auch Umzugskosten oder Mehrkosten für einen späteren Erwerb einer vergleichbaren Immobilie als ersatzfähiger Schaden geltend machen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Mieter nachweisen kann, dass er wirtschaftlich in der Lage gewesen wäre, die Wohnung zum ursprünglich vereinbarten Preis zu erwerben. Anderenfalls fehlt es an der erforderlichen Kausalität zwischen der Pflichtverletzung des Vermieters und dem Schaden des Mieters. 

Fazit 

Das gesetzliche Vorkaufsrecht nach § 577 BGB dient dem Mieterschutz und greift nur bei der erstmaligen Veräußerung einer während des Mietverhältnisses in Sondereigentum nach dem WEG umgewandelten Wohnung.  

Für Vermieter bedeutet dies, dass sie sich im Verkaufsprozess frühzeitig mit den Voraussetzungen und Fristen auseinandersetzen müssen. Insbesondere ist auf die ordnungsgemäße Mitteilungspflicht zu achten. Nur so kann der Verkaufsprozess rechtssicher abgewickelt werden, ohne dass Verzögerungen und finanzielle Risiken drohen. 

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